Das Glas schien bereits poliert, hatte aber kleine Spannungsrisse und an mehreren Stellen tiefe, durchgehende Fissuren. Die Zeiger waren in dieser Farbe vermutlich nicht original, nach Vergleich mit ebensolchen J80 war klar, dass die schwarze Farbe nachträglich aufgebracht worden war. Die Gangwerte zeigten sich extrem variabel und unzuverlässig.
Trotzdem reizte mich die Uhr, die aufgrund ihres für damalige Uhren sehr großen Durchmessers (immerhin 36,2 mm) auch heute noch absolut tragbar ist.
Die Gehäuse dieser großen Kaliber sind dreiteilig, mit einem das Glas haltenden Ring, dem Mittelteil, der das Werk hält und dem gepressten Stahlboden. Die leicht abgeflachte Krone fügt sich durch den Flankenschutz gut und kaum prominent an das Gehäuse.
Leider zeigte sich nach Abnahme des verkratzten Glases eine Stelle auf dem Zifferblatt (zwischen Zentrum und 4), die wohl einem vorangegangenen Reinigungsversuch geschuldet ist. Insgesamt ist das Zifferblatt stark patiniert und ist mit einer Schicht belegt, die man u.a. bei Uhren von starken Rauchern finden kann. An der bearbeiteten Stelle scheint das Trägermaterial durch.
Schaut man von der Seite auf das Gehäuse mit dem montierten Werk, sieht man, dass das Werk unten über das Gehäuse hinausragt. Entfernt man das Glas mit dem Glashaltering ist deutlich zu erkennen, das auch hier das Zifferblatt und die Zeiger über den Rand des Gehäuses lugt.
Die Entfernung der Zeiger erwies sich als schwieriger als zunächst angenommen. Das Anbringen des Zifferblattschutzes lief problemlos, beim anschließenden Versuch, alle drei Zeiger gleichzeitig zu entfernen (ich lege als zusätzlichen Schutz noch ein Stück Frischhaltefolie zwischen die Hebel und die Zeiger), kam ich nicht unter das Stundenzeigerzentrum. Deshalb entfernte ich zuerst den Sekundenzeiger (ohne Foto). Die Zeiger waren extrem widerstandsfähig und wollten nicht weichen. Da der Gehäusehalter zu instabil war, wechselte ich diesen, die Stellung der Zeiger wurde übereinander platziert. Erst dann gaben die Zeiger nach. Glücklicherweise fanden sich nach dem Abhebeln keine neuen Spuren auf dem Zifferblatt…
Endlich konnte das Zifferblatt entfernt werden. Dazu musste das Werk noch aus dem Gehäuse. Auf dem Foto sind nochmals die drei verschiedenen Teile des Gehäuses zu sehen - Mittelteil, Druckboden, Lünettenring mit dem Glas. Eine der Werkhalteschrauben war nur noch mit halbem Schraubenkopf vorhanden und musste später ersetzt werden.
Um das Werk besser bewegen und drehen zu können, wurde die Krone mit der Aufzugswelle remontiert. Außerdem lässt sich so das Räderwerk nach Entfernung der Hemmungsgruppe (Unruh und Anker) leichter testen.
Jetzt kann Schritt für Schritt der Rest folgen…
…bis schließlich alle Teile auf dem Werktisch liegen. Dann müssen noch die Stoßsicherungen (Deckstein, Lochstein und Haltefederchen) der Unruh entfernt werden und die Aufzugsfeder im Federhaus inzpiziert werden. Da mir diese recht verölt erschien, wurde diese einschließlich Federkern ausgebaut und alle Teile in die Reinigungskörbe gelegt.
Zur Sicherheit habe ich die Schraubrichtung des Kron- und Sperrad markiert, da die Schrauben hier tückischer Weise mit Linksgewinden versehen sind und bei unvorsichtigen Löseversuchen schnell die Schrauben abreissen könnten.
Die Zeitschaltuhr der Uhrenreinigungsmaschine ist auch von der richtigen Marke.
Alle Teile müssen jetzt erneut inspiziert und manuell nachgereinigt werden. Da die Unruh noch mit ihrem Kloben auf der Grundplatine befestigt ist, kann jetzt die Stoßsicherung wieder montiert werden.
Die Feder muss zurück in ihr Haus. Dazu benutze ich einen Federwinder, mit dem die Feder aufgewickelt, in eine kleine, passende Ringöffnung gerollt wird und von dort wieder in das Federhaus gepresst wird.
Die Geister scheiden sich, ob die Feder geschmiert, mit Graphit belegt oder trocken bleiben soll. Hier habe ich die Feder leicht gefettet.
Dann geht es weiter mit der Remontage, zunächst mit der Aufzugs-und Zeigerstellgruppe auf der Zifferblattseite der Platine, dann folgt das Räderwerk bis zur Hemmungsgruppe und der Einschalung in das Gehäuse:
Für die kaputte Werkhalteschraube (der Schraubenkopf fehlte zur Hälfte, auf dem Bild links) musste ich noch Ersatz suchen:
Das Kniffligste waren die Zeiger, die ich wieder so original wie möglich wollte. Das erste Bild zeigt die Zeiger im Urzustand.
Beim Abschleifen und anschließendem Polieren der Zeiger wurde leider auch die bisherige Vergoldung abgenommen. Da ich keine Möglichkeit der Neuvergoldung mit Galvanisierung habe, entschloss ich mich zunächst die Zeiger zu lackieren. Eventuell folgt später eine Vergoldung…
Die Gangresultate der fertig montierten Uhr sind nach der Regulierung deutlich besser als vorher. Am Arm läuft die Uhr derzeit ca. 20 Sekunden im Plus pro Tag. Das lässt sich sicher noch verbessern!
Hier das fertige Endresultat (mit noch lackierten Zeigern).