Der Fundzustand der Uhr ließ Hoffnung aufkommen lassen, auch wenn das Werk nicht lief, funktionierte immerhin die Zeigerstellung.
Nach Abnahme des Glases zeigte sich viel Schmutz.
Auch wenn die Leuchtmasse der Zeiger noch intakt war, musste diese komplett weichen, um die Zeiger wenigstens einigermaßen von Rost und Korrosion zu befreien. Leider habe ich noch immer keine Möglichkeit, Zeiger neu zu vergolden, daher habe ich diese nur oberflächlich bearbeitet.
Nachdem die Zeiger entfernt waren, wurde auch der komplette Dreck auf dem Zifferblatt sichtbar. Frühere Uhrmacher hatten schon ausreichend ihre Spuren hinterlassen. Leider waren einige Kratzer zu erkennen.
Auf den sichtbaren Schrauben des Werkes hatten sich auch schon einige Uhrmacher verewigt und die Schaubenschlitze mit nicht passenden Schraubendrehern traktiert.
Um die Hemmungsgruppe zu schützen, wollte ich zuerst die Aufzugsfeder abspannen. Der Aufzug des Werkes ließ sich keinen Millimeter bewegen und ich vermutete, dass die Feder voll aufgezogen war.
Die Welle des Aufzugs steckte so fest, dass die Kraft nicht auf den Sperrkegel übertragen wurde. Darum beschloss ich, den Sperrkegel direkt zu entfernen. Dabei muss das Sperrrad fixiert werden, damit dieses nicht ruckartig die dann ungehemmte Kraft der Aufzugsfeder auf das Räderwerk übertragen konnte.
Doch auch hier rührte sich nach Abnahme des Sperrkegels nichts. Zu meiner Überraschung war die Feder kein bisschen aufgezogen. Des Rätsels Lösung purzelte mir erst später entgegen.
Das Werk steckte sehr fest im Gehäuse und musste durch vorsichtigen Druck über das Zifferblatt nach hinten gedrückt werden. Dazu legte ich etwas dünne Plastikfolie als Schutz auf das Zifferblatt.
Auch jetzt zeigte sich wieder viel Verschmutzung auf den Seiten des Werkes und des Zifferblattes. Der Radium Leuchtpunkt bei 3 fehlte komplett, der bei 2 war nur noch halb vorhanden.
Das Junghans J82 wurde ab 1951 gebaut und natürlich vorher konstruiert. In dieser Zeit waren manchmal noch die altmodischeren Zifferblatt-Fixierschrauben zu finden, die von der Werksseite zugänglich sind. Bei späteren Konstruktionen wurden die Zifferblattfüßchen mit im Werk seitlich angebrachten Madenschrauben fixiert.
Das nächste Problem dieser Uhr kam zu Tage - eine Ölkatastrophe. Vermutlich war das Werk nicht in den Händen eines Uhrmachers, sondern wurde von einem Nicht-Profi (wie mir) bearbeitet. Äusserst großzügig wurde Öl über das gesamte Werk verteilt, unter dem inzwischen entfernten Zifferblatt fanden sich größe Öllachen.
Natürlich war auch auf dem Werk großzügig Öl verteilt. Vorteil: das Werk wird gut konserviert und die vorhandenen Rostschäden fressen sich nicht weiter. Nachteil: alles ist verpappt und verklebt...
Nach oberflächlicher Inspektion wurde die empfindliche Hemmungsgruppe (Unruh mit Kloben und Anker mit Brücke) entnommen. Das Junghans J82 besitzt einen Anker mit Brücke.
Die Demontage ging weiter und damit auch die Fehlersuche, weshalb das Werk nicht lief und sich nicht hat aufziehen lassen. Auch unter dem Kronrad war eine satte Ölpfütze.
Wie bei Junghans so üblich haben Sperr- und Kronrad ein Linksgewinde.
Nach Entfernen der Räderwerksbrücke wurde das Räderwerk begutachtet. Außer Dreck schien hier kein Fehler vorzuliegen.
Dann zeigte sich ein Schaden des Werkes: Das Sperrad hatte Zahnausfall! Der Zahn kam erst bei der Demontage des Schiebetriebs und des Aufzugtriebs zu Tage. Er dürfte für die Blockade des Aufzuges verantwortlich gewesen sein.
Zum Glück war noch ein Spenderwerk eines J82/1 mit gebrochenem Unruhzapfen in meinem kleinen Ersatzteilefundus und dieses hatte auch noch ein (leider rostiges) Sperrad!
Der Rest der Demontage des Werkes war ein steter Kampf gegen Dreck und viel Schmiermittel.
Um die Stoßsicherung der Unruhzapfen abzunehmen, montierte ich diese mit dem Kloben wieder kurz im Werk. Auch hier wurde vom Vorgänger so viel Öl verwendet, dass das Rodico zur Aufnahme der Stoßsicherungsfeder völlig mit Öl benetzt war.
Nachdem die alle Teile entfernt waren, konnten nach oberflächlicher Vorreinigung die Teile in die Körbchen der Reinigungsmaschine gelegt werden.
Nach der nochmaligen Nachreinigung wurde zunächst die Aufzugsfeder mit dem Federwinder aufgewunden und in ihr Federhaus gedrückt.
Das Federhaus wird leicht gefettet.
An ein paar Stellen der Grundplatine vor allem im Bereich der Aufnahme der Aufzugswelle war ein wenig Rostfraß, den ich mit einem Fieberglasstift entfernte. Leider wurde dadurch auch leicht die Vergoldung abgenommen...
Als die Hemmungsgruppe fertig montiert war, blieben seltsamerweise zwei Schrauben übrig.
Wo fehlten diese nur?
Die Ankerbrücke! Hier hatte ich vergessen die beiden Schrauben einzudrehen.
Also musste die Unruh samt Kloben nochmal demontiert werden, um die Schrauben endgültig einzusetzen.
Nachdem das Werk wieder vollständig und eine Nacht "nackt" probelaufen durfte, ging es an das Finish. Zeiger und Zifferblatt wurden gereinigt, so gut es ging. Wie zu Beginn dieses Artikel schon erwähnt, wäre ich froh, wenn ich Zeiger neu vergolden könnte. So blieb nur, diese vorsichtig zu reinigen (leider war der Rost noch gut zu sehen) und mit neuer Leuchtmasse, die ich leicht eingefärbt hatte, zu versehen.
Die Leuchtmasse ist mir ein kleines bisschen zu rosa geworden. Ich versuche diese immer an die Farbe der alten Leuchtmasse der Dots anzupassen. Auch die Leucht-Dots bei 2 und 3 wurden ersetzt.
Das Junghans J82; Junghans 682.70 ist ein angenehm zu revisionierendes Werk. Alle Schraubenköpfe sind groß und alle Teile äußerst präzise gefertig. Nicht umsonst gibt es dieses Werk auch in Chronometerqualität mit Feinregulierung.
Die ersten Testläufe der Uhr verliefen für mich zunächst sehr seltsam. Die Uhr lief trotz eines Abfallfehlers von ca. 2 ms streckenweise perfekt, aber mit einer sehr hohen Amplitude (oft über 330°). Dies führte unregelmäßig, meist nach ca. 20 sec. zu einem völlig chaotischen Bild auf der Zeitwaage. Dies geschah vor allem bei Zifferblatt oben oder unten. In den Lagen (z.B. Krone unten) war das Ausrutschen seltener festzustellen.
Nachdem ich ein Foto (erstes Bild) dieses schlechten Ergebnisses an meinen Uhrmacher geschickt hatte, konnte dieser Aufklären: die Ellipse der Unruh prellt am Ankergabelhorn, wenn ich es richtig verstanden hatte. Auslöser kann eine zu starke Aufzugsfeder sein, oder die Uhr muss erst ein wenig "einlaufen" und läuft "zu gut".
Die Aufzugsfeder wollte ich zunächst nicht erneuern und entschied mich einfach ein paar Tage zu warten und tatsächlich hat sich das Phänomen weitestgehend erledigt und die Uhr läuft sehr konstant (zweites Bild).