Junghans startete mit der Serienproduktion von Armbanduhren spät und setzte, anders als die Eidgenossen aus der Schweiz, noch lange auf die Produktion und Bewerbung der Taschenuhren.
In seinem Buch Ein Jahrhundert Junghans (1961) erwähnt F. L. Neher eine Passage aus einer Werbeschrift von 1917: „Es ist Treue um Treue, die sie (die Taschenuhr) mit ihrem Ticktack die Menschen lehrt. Dabei wird diese Treue oft mit Untreue belohnt. Ein Beispiel ist die Armbanduhr, die zweckwidrig ist und eine Barbarei.“
Dennoch wird in einem Werbeblatt von 1914 ein Lederarmband beworben, in das Taschenwecker eingefügt werden können, dass diese am Arm getragen werden können und die Wecker- und Zeigerstellung problemlos auch am Arm durchgeführt werden kann.
Quelle: https://www.hifi-archiv.info/Uhren-Werbung
Gernot Stähle schreibt über die erste Junghans Armbanduhr in seinem Artikel „Armbanduhren aus dem Hause Junghans“ (2014) und berichtet dort über den Inhalt eines Kataloges aus dem Jahr 1914 der Schwenninger Junghans Filiale (Katalog Nr. 158/1914, in dem eine 14-linige „Uhr mit Lederarmband“ (Modell D 14‘‘‘) angeboten wird. Die Uhr war eine Damentaschenuhr mit angelöteten Bandanstößen.
Im Katalog von 1925 wird auf Seite 70 oben ein kleines, 13-liniges Taschenuhrkaliber namens „Miss“ angeboten, das auf gleicher Seite unten als „Uhr mit Lederband“ und Emailblatt offeriert wird. Die Zeigerstellung der Uhren erfolgt noch Taschenuhrtypisch über einen kleinen Drücker.
Die erste Armbanduhr ohne seitlichen Drücker wird im Katalog von 1926 auf Seite 19 gezeigt. Sie wird Lady genannt, hat ein 13-liniges Werk und die Referenznummer 46/52.
Bei der gezeigten Uhr sind die Zeiger vermutlich nicht mehr original und es handelt sich um die kleinere Version (J54).
Beide Katalogblätter zeigen als Markenzeichen den Schmetterling, der die Schwenninger Erzeugnisse der Firma Junghans kennzeichnete.
Zu dieser Zeit hatte Junghans noch zwei unterschiedliche Fabrikmarken, den achtzackigen Junghansstern für die Qualitätsuhren, die im Werk in Schramberg produziert wurden und einen Schmetterling für die im Zweig-Werk Schwenningen produzierten Uhren. Der Schmetterling wurde am 13.2.1925 in Schramberg von der Firma Junghans AG registriert.
Junghans vertrieb die Uhren mit leicht unterschiedlicher Güte. Die günstigeren, einfacheren Uhren wurden im Zweigwerk Schwenningen hergestellt und trugen den Schmetterling auf der Platine. Die „besseren“ Werke wurden im Schramberger Terrassenbau produziert und erhielten zunächst auf der Platine die Kalibernummer (53 für das 13‘‘‘ und 52 für das 12‘‘‘). Für den amerikanischen Markt wurden vorwiegend Uhren aus Schwenningen geliefert, mit Schmetterling und der Prägung JUNGHANS GERMANY NO (0) JEWELS UNADJUSTED und auf der Innenseite des Rückdeckels JUNGHANS BROS GERMANY. Auf dem Zifferblatt befindet sich häufig der Name „NOBRK“, der ein Hinweis auf die unzerbrechlichen (NOBRK = NOnBReaKable) Lagerzapfen der Unruhwelle sein soll.
Auf den Verkaufskartons steht:
„NOBRK“ (Pronounced NO-BREAK) …When a watch falls it is usually the balance staff pivot that breaks. The balance staff pivot of NOBRK is so constructed that it is shock-proof and practically NONBREAKABLE.
Die Registrierung der Marke "NOBRK" fand am 27. September 1927 in den USA statt.
Der Name „NOBRK“ wurde am 28.4.1927 von der „Smith America Inc.“ in New York (USA) registriert.
Weitere Quelle: NOBRK filed: May 12, 1927; used since: April 28, 1927 (United States Horological Trademark Index – Registered U.S. Trademarks of Domestic and Foreign Watches & Clocks; Kurtis Meyers).
Eine Junghans mit dem Kaliber 13''' NOBRK kostete 5.00 $. Heute würde dies inflationsbereinigt einem Wert von ca. 185 US-Dollar entsprechen.
Junghans nutzte die „Billigmarke“ mit dem Schmetterling wohl parallel zu den teureren Uhren, die mit dem Junghans-Stern gemarkt wurden. Ab Schließung des Schwenninger Werks (20.06.1931) wurde die Kleinuhrfertigung komplett nach Schramberg verlegt, vorher wurde in Schwenningen nur noch deutlich reduziert produziert.
Lange wurde angenommen, dass das Kaliber J53 eine Entwicklung der Firma Thiel war.
Sicherlich gab es einige Verknüpfungen zwischen Junghans und der Firma Thiel aus Ruhla in Thüringen, die schon früh (ab 1908/09) Armbanduhren z. B. des Typs Darling produzierten. Der Konstrukteur Alex Dürer wechselte 1895 von Thiel zur Firma Thomas Haller nach Schwenningen. Bekanntermaßen fusionierte Junghans und Thomas Haller im Jahr 1900 zur “Vereinigte Uhrenfabriken Gebrüder Junghans & Thomas Haller AG, Schramberg” (siehe auch: Thomas Ernst Haller, Kaliber “Meta”). Im Jahr 1902 trennten sich die beiden Firmen (mündlich) jedoch wieder. Rechtlich vollzogen wurde dieser Schritt aber erst im Jahr 1911. Die Firmengebäude in Schwenningen blieben jedoch im Besitz von Junghans. Ob auch der Konstrukteur Alex Dürer bei Junghans blieb, ist unklar.
Vielleicht wurde aus diesem Grund lange vermutet, dass die ersten mit dem Namen Junghans gekennzeichneten Armbanduhren aus Thielscher Produktion stammten.
Ein wesentlich entscheidender Hinweis auf den Ursprung und die Entwicklung der frühesten Junghans Armbandkaliber stammt aus dem für Uhrensammler unverzichtbaren Buch "Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850 - 1980": Die beiden Techniker Eppler und Pfaff, die in den 1920er Jahren bei Junghans an der Entwicklung von Armbanduhrkalibern arbeiteten, brachten dort ein 10,5 Linien Stiftankerwerk zur Serienreife. Um 1930 wechselten beide von Junghans zur Uhrenfabrik Wilhelm Eppler in Schwenningen und wurden dort Gesellschafter, wo weiterhin an der Entwicklung von Kalibern gearbeitet wurde. Ähnlichkeiten zu dem 10,5''' Kaliber Eppler 1 dürften also nicht von ungefähr kommen.
Das Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie des leider inzwischen verstorbenen Autors Hans-Heinrich Schmid erschien im Januar 2017 in einer 3. und letzten Ausgabe.
Die Armbanduhren, im Katalog von 1927: „Armband-Ankeruhren“ genannt, wurden nach ihrer Gehäuseform benannt.
Rond, Carré, Carré Illusion und Octogon und waren jeweils vernickelt und glatt poliert oder vergoldet.
Weiterführende Daten zum Werk sind hier zu finden: Junghans J53 NOBRK
Das Junghans J53 wurde auch von der Firma Ingersoll verbaut. Weitere Informationen und Fragen zu diesem Thema habe ich hier gestellt: Der Ingersoll-Report.
Vielen Dank an Michael Weisser und Jens Finkbeiner!
Im seitlichen Licht ist gut erkennbar, wie dick damals die Radium-Leuchtmasse aufgetragen wurde.