Immer häufiger tauchen in diversen Internetplattformen und Internetauktionshäusern Junghans-Uhren mit dem Hinweis „Max-Bill“-Design, „Original Max Bill“, etc., auf.
Doch hinter welchem Design steht wirklich Max Bill? Bei welchen Uhren haben sich die „Haus“-Designer von Junghans, die durchaus ebenso schöne, schlichte und einzigartige Uhrendesigns geschaffen haben, an Max Bill angelehnt?
Mit dem Thema Max-Bill und Junghans will sich diese Seite beschäftigen.
Nein.
Max Bill verwendete keine Dauphine-Zeiger. In den Max Bill-Uhren steckte nie ein Kaliber Junghans J93S.
Doch von Anfang an.
Der kurz vor Weihnachten 1908 im schweizerischen Winterthur geborene Künstler, Architekt und Designer Max Bill (sich selbst nannte Max Bill Architekt), besuchte die Kunstgewerbeschule in Zürich um den Beruf des Silberschmiedes zu erlernen. Direkt im Anschluss, im Jahr 1927 begann er an der Bauhaus Hochschule für Gestaltung in Dessau zu studieren und kam dort mit den großen Vertretern des Bauhaus in Kontakt.
Bereits ab 1929 arbeitete er als freier Künstler, Architekt und Designer. Er entwarf viele bekannte Designobjekte: Essbesteck, Plakate oder Mobiliar, ein Paradebeispiel ist sein „Ulmer Hocker“.
Eine Weiche, die in Richtung Junghans und Uhren führte, stellte sich 1951, als Max Bill Mitbegründer der Ulmer Hochschule für Gestaltung wurde und unter anderem auch den architektonischen Entwurf des Schulgebäudes fertigte. Von 1953 bis 1956 fungierte er als erster Rektor der Hochschule.
Ab 1952 war Max Bill Leiter der Abteilung Architektur und Produktform und entwarf 1956, in der von ihm weitergeführten Tradition des Dessauer Bauhauses, in Zusammenarbeit mit Studenten für die Firma Junghans eine Küchenuhr. Ein Designklassiker war geschaffen.
Eine gewisse Affinität zu Uhren mag Max Bill schon früh entwickelt haben, war doch sein Großvater väterlicherseits Uhrmacher.
Die Schlichtheit in der Gestaltung der Form und des Zifferblattes, als auch des Zeigerspieles der Uhr wurde wegweisend auch für die 1961 folgende Gestaltung der Armbanduhren.
Zusammen mit dem Designer Nathan Horwitt, der für Movado die Museum Watch entwarf, war Max Bill der erste Designer, der ein Design für Uhren schuf.
Die Armbanduhren, deren Design Max Bill für Junghans entwickelte, sind auf drei Zifferblattvarianten zurückzuführen.
Die Variante der Automatikversion mit Datum ist selten, die Referenznummer ist mir nicht bekannt. Ob die Automatik-Variante mit Datum ein originaler Designentwurf von Max Bill ist, oder die Hausdesigner bei Junghans in einer Kleinstserie die Wirkung einer Datumsanzeige testen wollten, bleibt fraglich. Wahrscheinlicher ist zweiteres, da Max Bill, stets um Minimalismus bemüht, eine Datumsindikation als störend empfunden haben mag. Falls hier weitere Informationen bekannt sind, würde ich mich über dementsprechende Hinweise freuen.
Bei der Uhr mit dem schwarzen Blatt sind bei den Strichen von 12, 3, 6 und 9 winzige Leuchtmassestriche angebracht, auch die Zeiger haben Leuchtmasse. Die Mehrzahl der Uhren ist mit Leuchtmasse versehen, weniger ohne.
Die Werbung beschreibt das Zifferblatt der Max Bill Uhr als "neuartiges Zifferblatt".
Die berühmte von Max Bill designte Wanduhr von 1960. Die Referenznummer lautet 322/0389, sie hat ein verchromtes Gehäuse, einen Durchmesser von 30 cm, kostete 140,- DM und ist mit einem Glas ausgestattet.
Das elektromechanische Werk wurde "Electora" Klappankerwerk Junghans W285 genannt.
Nachteil an dieser Uhr: die Zeiger können nicht gestellt werden, da sich das Glas nicht abnehmen lässt. Die Batterie muss also zu der Uhrzeit eingelegt werden, die die Uhr anzeigt.
Neben der berühmten tropfenförmigen Küchenuhr mit Kurzzeitmesser schuf Max Bill um 1958/59 in Kooperation mit Junghans auch Wanduhren. Es gibt drei verschiedene Varianten der Uhr mit den Strichen.
Zwei mit Messinggehäuse, von denen das eine Modell ein Gehäuse mit einem nur sehr kurzen Rand hat, das Zifferblatt ist weit zur Front der Uhr gerückt. Dieses Modell besitzt kein Glas und hat 30 cm Durchmesser. Sie kostete damals 120,- DM. Die Referenznummer ist: 322/0350
Bei der anderen Messing-Variante (hier aus der Sammlung @sheldinkee, Australien) ist das Werk in einem tiefen Gehäuse und sie ist mit einem Glas versehen. Diese Version hat einen Durchmesser von 24 cm und kostete damals 123,- DM. Die Referenznummer lautet: 322/0411
Die dritte Variante (Referenznummer 322/0389) hat ein verchromtes Gehäuse, einen Durchmesser von 30 cm, kostete 140,- DM und ist mit einem Glas ausgestattet.
Alle drei Varianten tragen ein elektromechanisches Werk. Es ist ein "Electora" Klappankerwerk Junghans W285.
Max Bill schuf noch weitere Uhrendesigns sowohl für Junghans (Wanduhren) als auch für Armbanduhren der Firma Omega (Edition Max Bill I; Edition Max Bill II; Omega Art) und für Movado.
Junghans arbeitet noch mit weiteren externen Designern zusammen, u. a. entstand so die "Picto Watch".
Diese Max Bill Wanduhr ist eine der seltensten, die es gibt und taucht so gut wie nie auf... Der Katalog stammt aus dem Jahr 1961 und zeigt die beiden quadratischen Varianten. Leider ist bei der gezeigten Uhr das Werk getauscht worden, das originale Werk ist das Klappankerwerk Junghans Electora W285.
Das Holz ist poliertes Walnußholz.
Diese Tischuhr im Holzgehäuse von Max Bill ist mit einem mechanischen Werk ausgestattet. Das Läutwerk (Stunden- und Halbstundenschlag auf zwei Tonstäbe) lässt sich an der Rückseite an- und abstellen.
Bei dem Werk handelt es sich um das Kaliber Junghans W274/210 mit Schwebegang.
Auf den Zifferblättern der Tischuhren ist neben dem alleinstehenden "JUNGHANS"-Schriftzug auch "design" und "MEISTER" zu finden.
Die von Max Bill designte Küchenuhr mit Kurzzeitmesser wird von zwei unterschiedlichen Werken angetrieben. Vom Federwerk Junghans W284 oder vom elektrisch angetriebenen Klappankerwerk Junghans W285. Die graue Uhr wird vom Klappankerwerk Junghans W285 angetrieben. Die Referenznummer dieser Uhr lautet: 31/0336
Der Ladenpreis betrug 79,-- DM.
In der weißen Uhr aus der Sammlung Sebastian Brassat befindet sich das mechanische Junghans Exacta-Werk W284. Die Referenznummer lautet: 19/5235
Max Bill designte auch eine Küchenuhr ohne Kurzzeitmesser. Die beiden gezeigten werden vom elektrisch angetriebenen Klappankerwerk Junghans W285 angebtrieben. Die Referenznummer der blauen Uhr lautet: 31/0194, die Referenznummer der weißen lautet: 31/02707
Die Uhren und Fotos stammen aus der Sammlung Sebastian Brassat, mit herzlichem Dank!
Auch andere Hersteller nutzten den aufkommenden Trend in den 60ern und lancierten Uhren im minimalistischen Bauhausstil wie hier der Hersteller Kienzle. Mit einem Design von Max Bill hat die Zifferblattgestaltung nichts zu tun.